Wenn die Bürotemperatur trotz Standventilator nicht mehr unter 28 Grad sinkt, die offenen Fenster wegen der Straßenmusik dein Feind sind und du als einsamer Rufer in der Wüste deinen Dienst verrichtest, weil alles und jeder Urlaub hat, dann soll sie wohl sein, die viel zitierte „Sommerpause“. Bloß – wer genau hat sie, wie lang und warum? Über die Dauer lässt sich streiten. Die einen sagen, es ist die Zeit, in der alle Kollegen mal weg sind, also grob zwischen Juni und September. Streng genommen sei es aber die Sitzungsfreie Zeit im Rathaus, vom 25. Juli – 6. September. In der Zeit sei ja nichts los.
Noch etwas stachelig und mit Wachstumspotential, das Pflänzchen PLANTA.
Wir nutzen die angebliche Leere für vorbereitende Aufgaben, sodass uns nicht fad wird (gell, aw?) Mein charmantes Gegenüber und ich schwitzen buchstäblich und metaphorisch in der vermeintlich so toten Hose über der Einführung eines neuen Projektmanagement-Programms. So ein Programm ist notwendig angesichts der Vielfalt der Aktionen zum Stadtjubiläum, die wir unter einen Hut bringen müssen. Bis Jahresende muss es startklar sein, das zarte Pflänzchen PLANTA Project.
Dann soll es durch viele Kollegen gegossen und verhätschelt werden, zur Freude der Gärtner, äh, Controller, die dann jederzeit Termin- und Kostenpläne erstellen und einsehen können, Personaleinsatz überschauen und Entscheidungsprozesse dokumentieren. Schließlich wissen wir schon jetzt von rund zweihundert Projekten, die 2015 stattfinden werden, und in wechselnder Intensität ins große Ganze eingebunden werden müssen. Jede Woche erreichen uns neue Vorschläge von Bürgern oder Vereinen, die wir einloggen. Um mit dem System startklar zu werden, heißt es jetzt Basisdaten eingeben, und vor allem beim sog. „Customizing“ die ganzen Funktionalitäten der Software festlegen. Das Programm kann wesentlich mehr, als wir jemals brauchen werden. Damit Kollegen, die keine Administratoren sind und nicht vorstoßen müssen in die Sphären, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist, nicht durcheinander kommen, überlegen wir im Voraus, was man alles ausblenden kann.
Irgendwann mache ich aus unseren Brainstormings zum Fachkonzept eine Collage im Hannibal-Lecter-Style. Mein Ziel ist eine Psychopathenwand im Büro. Wirre Zeitungsschnipsel über vermisste Kinder, Spuk oder Postraub zur ästhetischen Komplettierung bitte an mich schicken.
Jeder Click wird von unserer kleinen Arbeitsgruppe gedanklich durchdekliniert. Und es gibt VIELE Clicks. Unsere lieben Softwareberater brauchen gute Nerven und starken Kaffee („einen doppelten Espresso bitte“), um uns durch die Untiefen der Matrix zu führen. Ja, zu engen Freunden werden uns die Bändiger des Systems PLDASI und PLMIBU, bald sind wir zusammengeschweißt wie
Kumpels aus den Schützengräben. Viele Stunden werden investiert, um dem Programm die Form zu geben, die später wirklich zum Stadtmarketing passt. Eine sinnvolle Vorarbeit, die man dem fertigen Produkt – leider – nicht mehr ansehen wird, und schwer erklären lässt, wo doch für Außenstehende „nichts“ passiert. Für mich als Kulturmenschen erschließt sich die Denke in 0 und 1 nur langsam. Aber ich freue mich auf das Ergebnis, und auf die schönen Auswertungen, die wir dann innerhalb von Minuten erstellen können, ohne mühselig eine Handvoll unterschiedlich formatierter Excel-Listen zusammenbasteln zu müssen.
Mein Urlaub beginnt erst am 9. September, bis dahin ist alles andere als Pause. Aber: wenn die Kollegen zurück sind aus Bali oder Taka-Tuka-Land, sag ich erstmal leise „Servus“.
(^ap)
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